Antigen-Schnelltest: Das Wichtigste im Überblick

18.11.2020
„Die Arbeit im Krankenhauslabor ist eines der vielen Rädchen, das ein funktionierendes Gesundheitssystem ausmacht. Normalerweise verläuft das im Verborgenen. Covid-19 hat dafür gesorgt, dass so viel über Laborarbeit geschrieben wurde, wie kaum zuvor. Vieles davon klingt kompliziert, auch wenn es das für uns nicht ist. Und viele Informationen, die im Internet zu lesen sind, sind schlichtweg falsch. Am Wochenende wird in Südtirol großflächig getestet. Doch was hat es eigentlich mit diesem Antigen-Schnelltest auf sich? Und worin besteht der Unterschied zum so genannten PCR-Test?
In der Medizin sprechen wir immer dann von einem Goldstandard, wenn wir damit das Beste meinen, was wir im Moment zur Verfügung haben. Der PCR-Test ist unser Goldstandard, wenn es darum geht, einen Abstrich auf SARS Coronavirus 2 zu untersuchen. Wir wissen ja alle mittlerweile wie das Virus aussieht. Es ist von einer Eiweißhülle umgeben mit Spikes drauf, innen befindet sich die RNA. Die verwendeten Tests haben unterschiedliche Angriffspunkte. Der PCR-Test vervielfältigt das genetische Material des Virus und spricht schon auf kleinste Bestandteile an.
Am Anfang konnte Covid-19 nur auf diesem Weg nachgewiesen werden. Seit Juli gibt es Antigen-Schnelltests von verschiedenen Herstellern, die das auch können. Die Methode ist eine andere: Der Antigen-Schnelltest weist Eiweiß aus der Hülle des Virus nach und braucht deshalb eine höhere Viruslast, damit er positiv ausfällt. Was heißt das konkret? Wer viel Virus ausscheidet, ist sehr ansteckend – diese Personen finde ich mit dieser Methode. Das ist sehr wichtig im Kampf gegen das Virus. Ist eine Person erst vor Kurzem infiziert worden oder die Viruslast nur (noch) gering, besteht die Gefahr, dass der Schnelltest falsch negativ ausfällt. Ein negativer Schnelltest ist deshalb kein Freifahrtschein, die Verhaltensregeln Abstand, Maske und Hygiene nicht mehr einzuhalten. Das gilt aber genauso für einen negativen PCR-Test.
Im Moment kursieren viele Zahlen zu diesem Thema im Netz, die eines gemeinsam haben: Sie verwirren, verunsichern und sind oft falsch. Wenn wir über die Wirksamkeit und Sicherheit des Schnelltests sprechen, dann lässt sich das in Zahlen gut untermauern. Dabei unterscheiden wir zwei Parameter. Der Südtiroler Sanitätsbetrieb verwendet einen Test von SD Biosensor, dessen Sensitivität bei 89 Prozent liegt. Das bedeutet: Von 100 Infizierten filtert er 89 heraus. Warum nicht alle Infizierten gefunden werden, habe ich oben erklärt. Die Spezifität liegt bei 99,7 Prozent. Das heißt, dass von 300 getesteten Personen eine falsch positiv getestet wird (Quelle: Validation Report: SARS- CoV-2 Antigen Rapid Diagnostic Test; Université de Geneve). Ein geringer Anteil, wenn wir uns vor Augen führen, in welcher Situation wir uns im Moment befinden.
Es wird ja oft gesagt, dass wir jetzt nur viel mehr Positive finden, weil mehr getestet wird. Ja, wir testen mehr. Aber im März und April hat der positiv Getestete die Ausnahme dargestellt, heute ist er die Regel. Wir sehen ganze Familien, die positiv getestet werden. Im Schnitt schicken wir im Labor in Bruneck 300 PCR-Tests am Tag nach Bozen und Salzburg. Dringliche Fälle können wir in Bruneck analysieren.
Covid-19-Patienten binden sehr viele Ressourcen. Wir befürchten Kollateralschäden, wenn es so weitergeht. Denn dann wird auch derjenige, der jetzt locker sagt, mir tut das Virus nichts, nicht mehr optimal behandelt, wenn er einen Unfall auf der Straße hat oder beim Wandern. Jeder kann jetzt indirekt einen Schaden davontragen.
Beim Schnelltest ist der Name Programm: Stäbchen in die Nase, Abstrich nehmen, in Lösung tauchen und auf Testkassette tropfen. Das Ergebnis ist in spätestens 20 Minuten da. Der Abstrich kitzelt ein bisschen in der Nase, manchen laufen ein paar Tränen übers Gesicht. Jedenfalls nichts, wovor man Angst zu haben braucht. Ich sehe die Testaktion als große Chance. Nutzen wir sie, um uns allen zu helfen.”
Astrid Griessmair, Fachärztin für Labormedizin, Krankenhaus Bruneck
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