Unterrichten in Zeiten von Corona

24.11.2020

„Es war der 4.März, 13.01 Uhr. Meine Schüler warteten auf das Unterrichtsende. Warum denn nur die Schule in Welsberg geschlossen sei, regten sie sich auf, sie möchten schließlich auch schulfrei. Was würdet ihr denn mit der ganzen freien Zeit zu Hause anfangen, fragte ich sie, wäre das nicht langweilig? Ferien sind immer cool und nie langweilig, antworteten sie. 

Am gleichen Abend wurde in den Medien verkündet, dass alle Schulen im gesamten Land schließen. Was anfangs von den Schülern als Ferien bezeichnet wurde, hieß kurze Zeit später verpflichtender Fernunterricht. Wie genau dieser funktionieren könnte, wussten wir alle nicht. Innerhalb kürzester Zeit haben wir uns an der Schule organisiert, das ging auch deshalb, weil wir digital bereits gut aufgestellt waren. 

Als der Unterricht im Herbst in Präsenz startete, fragte niemand mehr nach Corona-Ferien. Bitte nie mehr Fernunterricht, sagten die Schüler, bitte alle zusammen an der Schule, egal wie. Stundenkürzungen, neu organisierter Unterricht, Prioritäten setzen, kein Problem. Auch das Einhalten der neuen Regeln, Hände desinfizieren, Maske tragen, alle 20 Minuten lüften klappte einwandfrei. 

Dann stand wieder Fernunterricht an. Am Montag vergangener Woche hatte ich meine erste Videokonferenz mit Schülern der 2. Klasse. Ich will wieder in die Schule, war die erste Wortmeldung. Ich versuchte, positiv und fröhlich rüberzukommen, aber die Schüler waren nicht besonders motiviert. Auch als die Stunde zu Ende war, wollten sie nicht aus der Konferenz aussteigen und weiter miteinander reden. Was kann man denn in so einer Zeit dem Papa zum Geburtstag schenken, fragte ein Schüler. Haben Sie vielleicht eine Idee? Ich weiß, dass manche Schüler zu Hause viel alleine sind und die Videokonferenzen auch deshalb nutzen, um miteinander zu kommunizieren. 

Fernunterricht funktioniert in den meisten Schulen viel besser als noch im Frühjahr. Auch wir haben unsere Schüler auf einen möglichen zweiten Lockdown vorbereitet, indem wir ihnen zum Beispiel erklärten, wo sie Unterlagen in unserem Online-Programm finden. Auch das Schulfach selbstorganisiertes Lernen leistete dazu einen wichtigen Beitrag. Auch ich nutze die Chance für Weiterbildung und nehme immer wieder an Webinaren teil. Technisch kriegen wir das gut hin und trotzdem: Spaß macht Schule zu Hause auch jetzt nicht. Weder für die Schüler noch für uns Lehrer. Egal, welche kreativen Aufgaben ich mir einfallen lasse, alleine ist Lernen langweilig. 

Das sehe ich auch bei meiner Tochter, 8. Täglich hat sie mich gefragt, warum sie nicht mehr in die Schule darf. Egal ob mit oder ohne Maske: Hauptsache mit den Freundinnen zusammen in der Schule sitzen. Dann musste eben die kleine Schwester Schule spielen, ein kleines Trostpflaster in dieser Zeit.

Ich bin Lehrperson aus Leidenschaft, es gibt für mich keinen schöneren Beruf. Aber im Lockdown kam ich oft an meine Grenzen. Im Fernunterricht müssen Aufgaben noch kreativer und spannender sein. Wobei das nicht heißt, dass es in Präsenz nicht auch so sein sollte. Blätter ausfüllen kommt nicht gut an. Zu Recht. Meine Aufgabe als Mutter ist es, die Nerven nicht zu verlieren und positiv an das Ganze heranzugehen. 

Manchmal frage ich mich, ob die vielen Monate Fernunterricht nicht doch früher oder später Lernlücken hinterlassen. Umso mehr bemühe ich mich, als Lehrperson alles zu geben, was ich kann, meine Schüler sollen wissen, dass ich für sie präsent bin, egal in welcher Form. 

Schule war bei den Schülern noch nie so begehrt wie jetzt gerade. Das ist in dieser für uns alle schwierigen Situation ein schöner Aspekt. Nun dürfen zumindest die unteren Schulstufen wieder zum Präsenzunterricht zurück. Irgendwann wird es für uns alle wieder eine neue Normalität geben. Darauf freu ich mich besonders.”

Barbara Weissteiner, Kunstlehrerin, Mittelschule Röd Bruneck

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